Wenn man den Begriff Arbeitstier hört, dürfte die Katze nicht das erste sein, was einem in den Sinn kommt. Hunde hüten Schafe, verteidigen, suchen, finden und so weiter. Pferde tragen uns durchs Gelände, rücken Bäume und gewinnen für uns Turniere. Ratten und Kaninchen dürfen immerhin noch unsere Tagescreme testen. Katzen dagegen sind wohl einfach nur Hausgenossen und Kuscheltiere. Oder? Was ist eine Katze? Eine Katze ist ein hochfunktionelles Raubtier, das – glauben Sie es oder nicht – bis zu zehn Mäuse und andere Kleintiere am Tag erlegt, um ihren Energiehaushalt zu decken. Lebt sie in Freiheit, verbringt sie den größten Teil des Tages mit dem Lauern auf Beute, was nur für den Außenstehenden wie gemütliches Dösen aussieht. Hier können wir direkt den Bogen zu Haus- und Wohnungskatzen schlagen. Es liegt also im Naturell der Katze, viele Stunden abwartend zu verbringen. Der Unterschied zwischen Jagdrevier und Fensterbank ist aber durchaus erheblich, denn während die Katze draußen einer permanenten Reizflut ausgesetzt ist, die sie auch im Dösen wahrnimmt, befindet sich die Wohnungskatze in einer nahezu reizfreien Umgebung.

Ihr kleines Revier ist sie nach dem Aufstehen abgegangen und nachdem sich, wie zu erwarten, keine besonderen Vorkommnisse ereigneten und wahrscheinlich nie ereignet haben, wird das lauernde Dösen zum dauernden Dösen und unser Stubentiger versinkt in Lethargie. Eine Katze ist darauf ausgelegt, ihre Sinne stehts auf Wachsamkeit gestellt zu haben. Wenn diese Sinne allerdings über Jahre durch nichts gereizt wurden, verkümmern sie. Ihr Leben besteht nun aus Fressen, Schlafen und Warten.

Arme Wohnungskatze?

Ja. Die meisten Wohnungskatzen sind wirklich arm dran. Im besten Fall haben sie eine Zweitkatze und können so zumindest zusammen kuscheln oder hin und wieder spielen. Das macht das Leben im Wohnungsknast durchaus angenehmer. Berufstätige sollten sich bewusst sein, dass ihr kleiner Liebling 8-10 Stunden des Tages damit verbringt, auf Herrchen oder Frauchen zu warten – andere Reize gibt es oft nicht (bis auf die gelegentliche Stubenfliege…).

Nun möchte ich niemandem die Freude über einen felinen Mitbewohner trüben, aber während vernachlässigte Hunde in der Regel recht zeitnah Verhaltensstörungen entwickeln, sind Katzen weitaus leidensfähiger. Bis sie durch Unsauberkeit oder Aggressivität ihren Unmut äußern, ist die Grenze zum echten (körperlichen) Leid meist längst überschritten. Der Jammer der betroffenen Katzenbesitzer ist dabei fast immer groß – noch größer die Verwunderung, dass die Katze sich nicht wohl fühlt. Dabei könnte man doch so leicht dagegen anarbeiten…

Glückliche Wohnungskatze?

Ich möchte mir nicht anmaßen zu sagen, ich hätte das Rezept für glückliche Wohnungskatzen. Wohnungshaltung ist eine massive Einschränkung des natürlichen Verhaltens der Katze. Umso größer ist unsere Verantwortung, ihr das Leben in unserem trauten Heim zu berreichern. Wer würde denn sein Pferd monatelang in der Box verrotten lassen? Also ran da: Zunächst einmal müssen sich Katzenbesitzer von der Idee verabschieden, dass Katzen drei Viertel des Tages verschlafen. Das ist schlichtweg falsch. Katzen ruhen ihren Körper aus, während der Geist durchaus reizempfänglich ist. Wohnungskatzen körperlich zu ermüden ist jenseits des Welpenalters kaum noch möglich und von vielen Katzen gar nicht erwünscht. Daher sollte man sich auf die geistige Auslastung konzentrieren. Hierfür gibt es mehrere Möglichkeiten:

  1. Beschäftigungsspielzeug: Fummelbretter, verstecktes Futter, Mäuseangeln, Catwalks, etc.
  2. Artgenossen: nicht bei allen Katzen möglich, nur gute Paare fordern sich
  3. Tricktraining: Sitz, Platz, Männchen, Rolle, Reifenspringen, Teppich ausrollen, Bleib, Schulter springen, Apportieren, Maunzen, High Five, Umarmen……

Was tun?

Unabhängig davon, dass Beschäftigungsspielzeug eine tolle Sache ist und Katzen zumindest in der Wohnung Artgenossen haben sollten, bin ich (Überraschung!) ein Verfeschter des Tricktrainings. Das schöne Naturell der Katze, das unhöfliches Verhalten umgehend abstraft, führt auch dazu, dass Zwang bei der Ausbildung keine Rolle spielt. Hauskatzen sind an kein Rudelverhalten gebunden und können im Zweifelsfall hungern. Das beudetet, dass, obwohl mit Futter gearbeitet wird, man sich die Kooperation der Katze durch die richtige Trainingsmethode verdienen muss. Man darf zudem niemals davon ausgehen, dass ein Trick „funktioniert“. Während Hunde und Pferde nach dem Erlernen ihre Lektionen auch ihne Futterlob meist zuverlässig ausführen, müssen Katzen JEDES MAL belohnt werden! Bevor die Katze also herangerufen wird, sollte das Leckerli schon griffbereit sein. Die Katze dankt diese Zuverlässigkeit dann aber mit der Abrufbarkeit der Lektionen – womit man wunderbar vor Frenden angeben kann 😉

Step #0

In den nächsten Wochen werde ich in diesem Blog beschreiben, wie man Katzen die in Punkt 3 genannten Tricks beibringen kann, angefangen mit Sitz, Männchen, Platz und Pfötchen. Der erste Schritt zum Erfolg ist #0: Der Name. Die Katze wird auf ihren Namen und Futter konditioniert. Dabei muss die Katze gerufen werden. Reagiert sie, gibt es eine Belohnung, entweder (idealerweise) aus der Hand oder eben auf dem Boden (kann auch hingeworfen werden). Innerhalb der Übungssequenz sollten nicht mehr als 3-4 Wiederholungen geschehen, über den Tag verteilt kann die Übung 2-3 Mal ausgeführt werden. Die Katzen entwickeln in der Regel schnell Spaß an der Interaktion und sollten nach einigen Wiederholungen auf den Rufenden zukommen. Dann kann der Schwierigkeitsgrad gesteigert werden, indem die Katze aus einem anderen Zimmer heraus gerufen wird. Viel Spaß bei den Grundlagen-Übungen!

Bald – gehts – RICHTIG – los 🙂

PS: Hier seht ihr zwei Videos von Mowgli und mir: Dieses zeigt den ersten Versuch, euch „Sitz“ zu zeigen – allerdings steht Mowglis Übermotivation einer guten Demonstration etwas im Weg… Hier seht ihr ein Video, das vier Tage später entstanden ist. Mowgli hat dabei eine neue Übung gelernt: „Aufstehen“. Danach kann man dann wieder „Sitz“ machen… Viel Spaß!

PPS: Das Aufstehen kann einigermaßen sensiblen Katzen im Basisstadium sehr leicht beigebracht werden, weswegen ich euch diese Übung recht bald beschreiben werde. Für Mowgli, der bereits deutlich komplexere Übungen ausführt, war dieses „Back to basics“ jedoch eine echte Herausforderung! Dass es nach nur vier Tagen so toll und abrufbar klappt, ist umso schöner – ganz toll, Mowgli!